dpolg-bayer hat geschrieben:... dass Wählerverzeichnis bis zum Wahltag nicht fortgeschrieben wird.
Da begibt sich dieser Wahlvorstand aber erneut auf sehr dünnes Eis. Das wäre pro Fall dann eine Amtspflichtverletzung bzw. objektive grobe Wahlbehinderung sowie u.U. anfechtungsrelevant. Sind das denn dieselben EXperten wie bei der letzten Wahl? Dieser WV sollte sich mal mehr mit Kommentaren zur
SchwbVWO statt mit Kommentaren zu BR/PR-Wahlen, sei es
online oder klassisch mit
Druckausgaben, befassen. Denn:
"Die Bestimmungen der SchwbVWO stellen ein vollständiges und in sich widerspruchsfreies Regelungswerk dar" nach Ansicht des Siebten Senats des
BAG vom 20.01.2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 24. Dr.
Pahlen, Vorsitzender Richter am LAG Berlin, in Rn. 4 zu § 4 SchwbVWO:
"Ergibt die Überprüfung nach Abs. 3, dass die Liste der Wahlberechtigten nicht vollständig ist, so wird die Liste ergänzt, und zwar von Amts wegen und ohne Einspruch. Das gilt auch für Veränderungen durch Ausscheiden oder Eintritt sbM oder gleichgestellter bM in den Betrieb. Die Änderung und Berichtigung kann nur bis zum Tag vor der Wahl vorgenommen werden. Dabei sind aber auch Veränderungen zu berücksichtigen, die am Tage der Wahl eintreten und Tage vorher schon bekannt sind, z. B. also die Einstellung eines sbM für den Beginn des Wahltages."
DAS BEDEUTET: WV hat die Dienststelle aufzufordern, ihm alle Änderungen bis zum Tag vor der Wahl unverzüglich mitzuteilen wie ➔
Zugänge und ➔Abgänge sbM sowie ➔SB-Ausweise und ➔Gleichstellungen bzw. natürlich auch ➔Namensänderungen, soweit nicht bereits geschehen (§ 4 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 SchwbVWO). Nach der Rechtsprechung sind Korrekturen bis zu 5 % keine Seltenheit, teils weit darüber.
Die nicht näher begründete viel zu pauschale Einzelmeinung des
ArbG Stuttgart vom 21.05.2003, 24 BV 255/02, wonach nur eine "sehr eingeschränkte Berichtigungs- oder Ergänzungsmöglichkeit" bestehe, ist folglich nach Dr. Pahlen für o.g. Fälle strikt abzulehnen. Würde nicht aktualisiert, wäre dies ggf. Vereitelung des gesetzlichen Wahlrechts nach § 94 Abs. 2 SGB IX.
Diese Wählerliste ist stets auf neuestem Stand zu halten und zu aktualisieren bzw. zu berichtigen! Sonst würde zum Beispiel das Einspruchsrecht gegen die Liste der Wahlberechtigten ad absurdum geführt bzw. ins Leere laufen. Der Wahlvorstand hat nach bisheriger Rechtsprechung die Wählerliste ggf. -
bis zum Vortag - dieser Zwischenwahl zu aktualisieren. Ebenso BIH-
Wahlbroschüre, Seite 35, Stichworte "Anfertigung der Wählerliste" und "Ablauf der Einspruchsfrist". Vergleiche dazu auch die eingehende
Diskussion von 2014 hier im BIH-Wahlforum.
Entgegen Wortlaut des
§ 4 Abs. 3 SchwbVWO (
"kann") hat der SBV-Wahlvorstand hier auch
keinen Ermessensspielraum. Ebenso Nr. 4.4 - 4.6 in dem
Wahlkalender für das förmliche Wahlverfahren, wonach der Wahlvorstand Berichtigungen/Ergänzungen der Liste der Wahlberechtigten "bis zum Tag vor Beginn der Stimmabgabe" vorzunehmen hat. Vgl. Wiegand/Hohmann SchwbVWO § 4 Rn 32

Allerdings ist der Wahlvorstand etwa bei einem verspätetem Einspruch nach dem reinen Wortlaut der WO gehalten Korrekturen abzulehnen, soweit keine "offenbaren Unrichtigkeiten" oder keine der sonstigen Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 SchwbVWO für eine Korrektur vorliegen. Eine höchstrichterliche Entscheidung dazu liegt noch nicht vor, soweit ersichtlich.
Nach Ansicht des Siebten Senats des BAG darf die Wählerliste allerdings für die BR-Wahlen am Wahltag nicht mehr verändert werden selbst bei offensichtlich fehlerhafter Wählerliste. Änderungen und Ergänzungen der Wählerliste seien "nur bis zum Tag vor Beginn der Stimmabgabe zulässig, nicht jedoch am Wahltag selbst". Ergänzt der Wahlvorstand am Wahltag die Wählerliste um bislang nicht gelistete wahlberechtigte Beschäftigte und nehmen diese an der Wahl teil, könne dies die Anfechtung der Wahl rechtfertigen, wenn dadurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte (
BAG, 21.03.2017 - 7 ABR 19/15; vergl.
Sachadae, HaKo-BetrVG, Rn. 3 zu § 2 WahlO-BetrVG, entsprechend).
Dieser Beschluss ist auch für SBV-Wahlen in Betrieben und Dienststellen anwendbar wegen insoweit inhaltsgleichen Wahlordnungen, nicht aber für PR-Wahlen etwa nach
BPersVG und
BayPVG wegen in dieser Hinsicht abweichenden Wahlordnungen. Der Beschluss ist hingegen nicht anwendbar für die vereinfachte Wahl der SBV in Wahlversammlungen.
dpolg-bayer hat geschrieben:Angeblich würden Kommentare zu BR/PR-Wahlen die Aktualisierung des Verzeichnisses verneinen.
Richtig, gilt aber
niemals für SBV-Wahlen. Dieser Vorstand packt das einfach falsch an! Er sollte sich mal besser mit einem Kommentar zur SchwbVWO befassen statt mit solchen zu BR/PR-Wahlen: Sonst wird das wieder nichts, weil insoweit und auch sonst oftmals überhaupt nicht vergleichbar (vgl.
BAG vom 20.01.2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 24).
Viele Grüße
Albin Göbel